Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden der BG-Fraktion Karl Dietz

am 10. 02. 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

die Ampel des Erwitter Haushaltes für 2022 steht noch auf Grün.

Vergleichen wir den Haushalt mit einer Ampel, stellt sich die Frage, ob sie auf grün, gelb oder rot steht. Was die Höhe der geplanten Investitionen betrifft, ist die Ampel sicherlich grün. Von geplanten Investitionen 2021 sind von 8,7 Mio. allerdings erst 2,7 Mio. umgesetzt.

Manches Vorhaben konnte nicht wie geplant umgesetzt werden und muss in das Folgejahr verschoben werden. Die Bewältigung der Pandemie hatte Vorrang und die personelle Unterbesetzung in mehreren Ämtern tat ihr Übriges dazu.

Wenn wir allerdings die Entwicklung des Haushaltes bis 2025 sehen wird die Ampel von Gelb 2023 bis auf Rot 2025 springen. Wir erwarten, dass die Ausgabensituation laufend geprüft wird, um 2025 nicht in die Haushaltssicherung abzurutschen.

Niemand kann unsere Zukunft vorhersagen, das haben uns die letzten zwei Jahre – und auch die letzten Wochen – noch einmal ganz deutlich vor Augen geführt. Unsere Zivilgesellschaft wird immer noch auf eine harte Probe gestellt. Begriffe wie „Impfdebatte, Inzidenzen, Impfdurchbrüche, Hospitalisierungsrate“ bestimmen unseren Alltag, unser Handeln, unser Miteinander.

Meine Damen und Herren,
dieser Ausnahmezustand veranlasst mich zu Beginn meiner Rede, einen Dank auszusprechen, einen Dank an diejenigen, die in den letzten zwei Jahren und gerade auch in den letzten Wochen mit Hilfsbereitschaft und Engagement, mit Kreativität und Verantwortungsbewusstsein unser gesellschaftliches Miteinander, unsere Wirtschaft aber auch das soziale Leben in den Vereinen und ehrenamtlichen Organisationen aufrechterhalten haben.

Dieses ist ein Haushalt in den Zeiten des Klimawandels und der Corona-Pandemie. Dass wir alle fast zwei Jahre lang zu Hause festsitzen würden, um uns und unsere Mitmenschen zu schützen, hätte Anfang 2020 kaum jemand erwartet. Zusammenleben hat eine neue Bedeutung bekommen: aufeinander achten – sich unterstützen – an andere denken – Rücksicht nehmen – sich zurücknehmen müssen – Genuss und Freiheit einschränken – sich an Regeln und Disziplin halten. Leider haben es immer noch nicht alle verstanden und nehmen die Verantwortung für sich und ihr Umfeld nicht an.

Die Corona­-Pandemie hat die Welt lahmgelegt und eine bisher unbekannte Krisensituation geschaffen. Auch wir als Stadt sind nicht verschont geblieben. Glücklicherweise konnten wir durch gute Haushaltsführung schwerwiegenden Folgen noch zuvorkommen. So wird nun auch das Jahr 2022 ein unkalkulierbarer Teil des Verwaltungshandelns durch Corona gebunden sein.

Ein Minus von 4,5 Mio. €uro weist der Haushalt von 2022 aus. Mit Einnahmen von ca. 38,6 Mio. €uro stehen Ausgaben von ca. 43,2 Mio. €uro gegenüber. Die Ausgleichsrücklage wird in den nächsten Jahren nahezu vollständig zum Haushaltsausgleich beansprucht. Die Stadt Erwitte verliert Substanz. Voraussichtlich 2025 ist dann die allgemeine Rücklage zum Haushaltsausgleich aufgebraucht. Es stellt sich die Frage, ob ein Konsolidierungsausschuss nicht nötig wäre. Des Weiteren belastet die steigende Kreis- und Jugendamtsumlage mit 2,5 Mio. €uro den Haushalt schwer. Uns ist nicht bekannt, welche der Mehrheitsparteien im Kreistag überhaupt den Versuch gemacht haben, entscheidende Einsparmaßnahmen in ihrem Haushalt vorzunehmen, was letztendlich positiv auf die Kreisumlage der Kommunen ausgewirkt hätte. Fazit: sie wäre gesunken!

Mit dem Haushalt 2020 konnte die Stadt Erwitte nach Jahren restriktiver Haushaltsführung bei gleichzeitig hohen Steuererträgen bedingt durch eine bundesweite Hochkonjunkturphase wieder aus der Haushaltssicherung entlassen werden. Die Aufstellung des Haushaltsplanentwurfes 2022 gestaltet sich durch die anhaltende Corona Pandemie schwierig und ist auch im zweiten Jahr der Pandemie-Situation mit außergewöhnlichen Unabwägbarkeiten in den Zukunftsprognosen behaftet. Die Lage der Erwitter Unternehmen zeigt sich dabei jedoch erfreulich stabil, was sich in hohen Gewerbesteuererträgen von 15 Mio. im Planwerk niederschlägt. Bund und Land werden perspektivisch auch keine diesbezüglichen Finanzhilfen mehr auskehren, wie es noch 2021 erfolgt ist.

Steuern werden nicht erhöht, was wir in diesen Zeiten auch als falsches Signal sehen würden. Unser langfristiges Ziel sollte es auch weiterhin bleiben, Bürger und Unternehmen zu entlasten, wenn es die Rahmenbedingungen zulassen. Jedoch ist bereits heute erkennbar, dass wir vor großen auch finanziellen Herausforderungen stehen, die zu zusätzlichen Belastungen führen werden.

Wir sind verantwortlich für das was wir tun und auch für das was wir nicht tun.
Voltaire, französischer Philosoph

 

Dieser Satz von Voltaire soll uns anspornen, Verantwortung zu übernehmen und alles dafür zu tun, dass wir die knappen finanziellen Mittel überlegt und sinnvoll für die Bürger*innen dieser Stadt einsetzen.

In den kommenden Jahren werden Anstrengungen für Bestandsanierungen der Infrastruktur sowie insbesondere strategische Ausrichtungen für Zukunftsaufgaben umzusetzen sein.

Das sind beispielsweise die bereits angestoßene Neuausrichtung der Schulgebäudelandschaft inkl. OGS-Ausbau, die Mobilitäts- und Umgehungsstraßenthematik oder die Innenstadtentwicklung sowie Klimaschutzthemen. Diese Projekte erfordern trotz vielfältiger Förderkulissen nicht nur erhebliche Finanzmittel, sondern müssen auch personalisiert werden. Hierbei konkurriert die Stadt Erwitte auf einem verknappten Markt um Fachpersonal. 

Klimawandel:

Der Klimawandel ist noch längst nicht gestoppt. Die Herausforderungen für die Kommunen sind enorm, es wird einen langen Atem brauchen und wir dürfen nicht lockerlassen. Wir müssen in den kommenden Jahren alles, was im Rahmen unserer Möglichkeiten als Kommune machbar ist unternehmen, um auf diesem Gebiet weiterzukommen. Der BUND und Land müssen für eine auskömmliche Finanzierung sorgen. Dazu gehört für die Stadt Erwitte eine konsequente Vermarktung aller städtischen Dachflächen für Solarenergie (in Verpachtung oder Selbstbewirtschaftung)

Die BG-Fraktion ist daher der Meinung, dass 2022 nicht nur die Folgen der Corona­-Pandemie, sondern auch die Bekämpfung des Klimawandels im Mittelpunkt stehen sollten. Der Klimawandel führt zu zunehmend heißen Sommern mit Dürre und Unwettern. Hier haben die Fraktionen der Stadt Erwitte klimarelevante Festsetzungen für zukünftige Bebauungspläne erarbeitet und beschlossen.

Klimafreundliche Mobilität:

Fahrradfahren ist aktiver Klimaschutz. Nach den Freizeitradwegen ist es nun an der Zeit auch kurze und sichere Fahrradwege zwischen Ortschaften und Industriegebiete, bzw. Überregional zu erschließen. Ein Anfang ist gemacht, aber auch hier gilt: Wir müssen schneller werden, denn hier kann viel CO2 eingespart werden.

Wo kann am meisten CO2 eingespart werden? Eine Reduzierung des individuellen Autoverkehrs mit Verbrennungsmotor ist zu erreichen. Durch Ausbau des Radwegenetzes mit Fahrradstraßen ist eine Verbesserung zu erwarten. Hier erwartet die BG eine totale Unterstützung der Straßenbehörde des Kreises Soest, die ja auch für unseren Straßenverkehr zuständig ist.

Schulen:

Die Schulen haben bei Rat und Verwaltung in Erwitte schon immer einen hohen Stellenwert. Regelmäßig investieren wir hohe Summen in ihre Unterhaltung und Ausstattung. So auch jetzt mit dem Umzug der Grundschule zum Schulzentrum, da die Sekundarschule komplett nach Anröchte umgezogen ist. Hier hat BM Henneböhl sehr gute Arbeit geleistet.

Jugend und Sport:

Die Förderung von Kindern und Jugendlichen liegt der BG immer schon sehr am Herzen. Hier leistet das städtische Jugendzentrum im Böllhofhaus mit ihren Mitarbeitern eine hervorragende Arbeit mit sinnvoller Freizeitgestaltung, Pädagogische Begleitung sowie Hilfestellungen und Beratung und vieles mehr.

Für den Sport investiert die Stadt Erwitte Millionenbeträge im Kunstrasenplatz, Lehrschwimmbecken sowie in den Bereichen Fußball, Tennis und Schießsport usw., was für die Stadt nur mit großen finanziellen Anstrengungen möglich ist.

Unsere Innenstadt:                                                                                                                  Die Innenstadt sollte das Aushängeschild von Erwitte sein. Einigkeit wird bestehen, wenn ich behaupte, dass es sie zu schützen gilt. Aber die Stadt ist kein Museum, sie ist das Herz unserer Heimat, sie ist Wirtschaftsstandort und Wohnort zugleich. Sie muss erreichbar und entlastet werden für unsere Bürgerinnen und Bürger, für unsere Besucher, für all diejenigen, die dort wohnen und arbeiten. Deshalb fordert die Bürgergemeinschaft den Bau der Umgehungstraßen besonders die B1, die losgelöst von der B55 problemlos gebaut werden könnte.

Deshalb fordern wir von unseren Landtagsabgeordneten klare Worte und mutigen Einsatz für die Umgehungsstraßen.

Mutig zu sein heißt auch:

  • ein klares JA zu einer klugen und attraktiven Stadtplanung in der Altstadt
  • auch ein klares JA zu einer Reduzierung des unnötigen Durchgangsverkehrs in der Altstadt und ein Verbot des Schwerlastverkehrs auf der Berger Str.

 

Ärzteversorgung: Wir sind in der glücklichen Lage, wie das Beispiel in Erwitte zeigt, dass in letzter Zeit neue Ärzte gewonnen werden konnten. Besonders durch das Engagement einiger ansässiger Ärzte. Diesen gebührt ein großer Dank. Leider ist für Bad Westernkotten und Horn kein Arzt in Sicht, hier muss unbedingt kräftig daran gearbeitet werden um eine Lösung zu erzielen.

Gewerbegebiete:

Eine Interkommunale Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen ist anzustreben,

in erster Linie mit der Gemeinde Anröchte, hier ist großes Potential am Autobahnzubringer Erwitte/Anröchte vorhanden. Eine Fehlplanung wie mit dem Gewerbegebiet Erwitte-Nord darf nie wieder passieren, hier wurde und wird bestes Ackerland geopfert.

 

Grünes Band:

Das grüne Band zwischen Erwitte und Bad Westernkotten nimmt Fahrt auf, die Renaturierung des Mühlenbaches wird durch den großen Einsatz von unserem Ortsvorsteher Kai Günther und BM Henneböhl endlich Realität.

Bezahlbarer Wohnraum:

Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht, dessen Wahrnehmung für Viele immer schwieriger wird. Selbst für Menschen mit mittlerem Einkommen wird es zunehmend unmöglich, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Oft müssen sie einen unangemessen hohen Anteil ihres Einkommens dafür aufwenden. Man kann sich leicht vorstellen welche Probleme dann erst finanziell schlechter gestellte Menschen auf dem Wohnungsmarkt haben müssen. Die Bereitstellung von kostengünstigem Wohnraum wird so zu einer entscheidenden sozialen Frage. Wir möchten, dass sich die Stadt auf diesem Gebiet stärker engagiert, wenn schon nicht mit einer städtischen Wohnbaugesellschaft, dann im Rahmen des Eigenbetriebs Wohn- und Geschäftsgebäude. Alle für Wohnungsbau geeigneten Flächen, die im Besitz der Stadt sind, müssen darauf untersucht werden, ob sie uns diesem Ziel näherbringen können. Außerdem müssen sämtliche planungsrechtlichen Instrumente, wie städtebauliche Verträge oder die Festsetzung von Flächen für sozialen Wohnungsbau in Bebauungsplänen, dafür ausgeschöpft werden.

Wir beantragen, dass bei Kooperationen mit privaten Wohnbaugesellschaften sichergestellt wird, dass mindestens 30% der Wohnungen für mindestens 20 Jahre einer Sozialbindung unterliegen. Klar ist aber, dass dafür auch mal ein Geschoss mehr akzeptiert werden muss.

Zum Abschluss danke ich allen, die an der Erstellung des Haushaltsplan­entwurfs mitgearbeitet haben, allen voran Herrn Sven Hoppe mit dem gesamten Team der Stadtkämmerei. Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung für die unter erschwerten Bedingungen geleistete Arbeit im vergangenen Jahr, bei den Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats für die gute Zusammenarbeit.

Die BG-Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushalt 2022 zu.