Kalkabbau kontra Trink-Quellwasser
Aus der Sicht der BG –Fraktion Erwitte ist die von der Firma Wittekind beantragte Erweiterung und der Betrieb eines ca. 36.5 ha großen Steinbruchs im Bereich zwischen A 44 und Pöppelsche in Erwitte äußerst problematisch bezüglich der Trinkwassergewinnung in Eikeloh, den Quellen des Mühlenbachs und möglicherweise den Solequellen in Bad Westernkotten. Die BG –Fraktion teilt die Bewertung der vorliegenden Gutachten durch den BUND (Pressemitteilung der BUND-Kreisgruppe Soest)
Es wird eine Abgrabungstiefe von ca. 32,50 m unter dem jetzigen Niveau angestrebt. Das entspricht etwa der Endtiefe der bereits vorhandenen Steinbrüche I und II weiter westlich. Durch die Abgrabung sollen 9,7 Mio. Tonnen Kalkstein gewonnen werden, die den Rohstoffbedarf des Werkes für zusätzliche 9 Jahre sichern.
Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch zwischen den vorhandenen Steinbrüchen und der geplanten Abgrabung. Diese liegt nämlich mitten im Wasserschutzgebiet für die Eikeloher Wassergewinnungsanlagen, eines von insgesamt 4 Wassergewinnungsgebieten, mit dem die Stadtwerke Lippstadt insgesamt über 71.000 Verbraucher mit Trinkwasser versorgen.
Seit der Novellierung des NRW Wassergesetzes im Jahr 2016 sind nach § 35(2) Abgrabungen in Wasserschutzgebieten gänzlich verboten. Nur eine Übergangsregelung ermöglicht den Erwitter Zementwerken noch Abgrabungen in diesem Bereich.
Die Festlegung der Abbautiefe erfolgte wegen der besonderen Grundwasserverhältnisse Gestein durch einen Hydrogeologen (Wassergeologen). Der Gutachter hat dabei wegen der stark schwankenden Grundwasserverhältnisse im klüftigen Untergrund nicht etwa den höchsten Grundwasserstand als maximale Abgrabungstiefe angesetzt, sondern einen über 8 bis 10 Jahre ermittelten statistischen Wert, das sogenannte 80% Perzentil. Das ist die Tiefe, bei der über ein langjähriges Mittel gerechnet 80 % der Grundwasserstände nicht überschritten werden. Auf diesen Wert sollen dann noch 1,5 m Sicherheitsabstand aufgerechnet werden. Damit habe man sichergestellt, das Grundwasser nicht beeinträchtigt wird. Die Antragssteller sprechen von einem Trockenabbau.
Die BG –Fraktion und der BUND sehen das anders.
20 % der gemessenen Grundwasserstände liegen über dem 80 % Perzentil. Das sind also im statistischen Mittel 73 Tage mit teilweise um bis zu 20 m höheren Grundwasserständen in Gestein. Die Folge ist, das in niederschlagsreichen Zeiten eine erhebliche Menge Grundwasser bei derart tiefen Steinbrüchen über die Steinbruchsohle austritt und sich an den tiefsten Stellen sammelt. In der Theorie verschwinden diese Seen, die zeitweilig einen Großteil der Steinbruchsohle bedecken, in den nachfolgenden Trockenzeiten durch Versickerung und Verdunstung wieder. In der Praxis, sehr eindrucksvoll auf Luftbildern zu sehen, sieht dies jedoch anders aus. Durch eine Selbstabdichtung der Sohle haben sich in allen,
auf das 80 % Perzentil abgebauten Steinbrüchen in Erwitte große und dauerhafte Gewässer gebildet, die durch eine wasserhaltende Schicht aus Mergel und feinem Steinabrieb gebildet wird. Dies hat eine Untersuchung im Rahmen einer Bachelor-Arbeit im Steinbruch Milke in Geseke im letzten Jahr ergeben. Zusätzliche Wassermengen durch Niederschläge füllen die Steinbruchseen ebenfalls immer wieder auf.
Diese Einschätzung teilte die Fa. Wittekind bei ihrem letzten Antrag aus dem Jahr 2006 offensichtlich, denn damals wurde für die Vertiefung des Steinbruchs I und II bei ähnlichen Verhältnissen noch wegen der Anlage eines Gewässers ein Antrag nach Wasserrecht gestellt.
Nun wird von Trockenabbau ohne Entstehung von Gewässern gesprochen. Für den BUND wird hier die Absicht deutlich, für den innerhalb des Wasserschutzgebietes Eikeloh gelegenen Steinbruch eine maximale Rohstoffausbeute zu erreichen. Dabei will man auch die von der Zementindustrie früher gesetzte Qualitätsgrenze (hoher Kalkgehalt) des Gesteins um 15-20 m deutlich unterschreiten und denminderwertigen Stein aus der Tiefe mit hochwertigerem Material strecken. Ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ist einfacher als ein aufwendiges wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren. Genau dies fordert der BUND. Nur mit dem für solche Sachlagen gesetzlich vorgesehen Verfahren nach Wasserrecht ist der Schutz des Trinkwassers für die Brunnen in Eikeloh zu sichern. Gegen den Kreis Soest wurde daher wegen der Übergehung des Wasserrechts vom BUND eine Fachaufsichtsbeschwerde bei der Bezirksregierung eingeleitet. Statt einer Einzelbetrachtung nach Immissionsrecht ist eine umfassende Risikoanalyse bezüglich der Grundwasserneubildung, der Veränderung der Fließwege, der Möglichkeit einer Verschmutzung oder der Auswirkungen durch dauerhafte Wasserflächen zu erbringen.
Auch das bisher im Erwitter Stadtrat stets vorgebrachte Argument der Sicherung von Arbeitsplätzen zieht nach Ansicht der Umweltschützer nicht wirklich, denn der Verzicht auf eine Vertiefung von 5 m bedeutet für das Werk eine Einbuße von 14 Monaten in der Rohstoffversorgung Bezogen auf die lange Laufzeit ist das eine Größenordnung, bei der man sicherlich nicht von existenzieller Bedrohung sprechen kann.
Quellen: Gutachten Landschaftsarchitekt Bölte; Hydrogeologisches Gutachten Schmidt + Partner; Pressemitteilung des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) Kreisgruppe Soest, Manfred Raker)
Bildunterschrift: Luftbild aus dem Frühjahr 2018. Blau umrandet das Wasserschutzgebiet Eikeloh, rot
umrandet das aktuelle Erweiterungsvorhaben Wittekind und grün umrandet die
bereits genehmigten Steinbrüche anderer Erwitter Zementwerke im
Wasserschutzgebiet. Grafik BUND.
Luftbild Erwitte Wasserschutzgebiete
Quelle: s.u.