Die Erwitter Bürgergemeinschaft traf sich auf Gut Brockhof in Stirpe mit der Redaktion zum Patriot-Sommergespräch (v.l.): Karl Dietz, Herbert Neumann, Brigitte und Lothar Strauch, Elisabeth Stakemeier sowie Martina Tägder und Nina Schweitzer. Foto: Puls
Erwitter BG hat Flüchtlinge im Fokus 04.09.2023
Sommergespräch Fraktion und Vorstand fordern sachliche Debatte ohne Hass
Von Bastian Puls, Tageszeitung der Patriot ,Lippstadt v. 18.08.2023
Erwitte – Klein, aber oho: Lediglich zwei Ratsmitglieder stellt die Erwitter Bürgergemeinschaft (BG) in der aktuellen Wahlperiode, was sie zur kleinsten Fraktion im Stadtrat macht. Einen Nachteil sieht der Fraktionsvorsitzende Karl Dietz, der zusammen mit Elisabeth Stakemeier diese Plätze ausfüllt, darin aber nicht: „Wir beide sind quasi gezwungen, alles zu wissen. In größeren Fraktionen verläuft sich das auch mal.“ Dieses Wissen will die BG unter anderem in folgenden Punkten einbringen:
Flüchtlingssituation
Aufgrund der Expertise in ihren Reihen liegt der BG dieses Thema besonders am Herzen, schließlich ist Brigitte Strauch Koordinatorin der städtischen Flüchtlingshilfe. Um die Aufgaben dieser Position jedoch nicht zu sehr mit dem Politischen zu vermischen, lässt sie ihren Kollegen der Bürgergemeinschaft den Vortritt in dieser Thematik. Die Zahl der Migranten würden Stadt und Ehrenamt an die Belastungsgrenze bringen, betont deshalb der stellvertretende Vorsitzende Lothar Strauch. Hier sei die Bundesregierung gefordert, die Kommunen stärker zu unterstützen und gemeinsam mit der EU die illegale Einreise durch kriminelle Schleuser zu stoppen. Probleme mit der Integration gebe es auch in Erwitte, jedoch gelte: „Diese müssen sachlich diskutiert werden – ohne Hetze oder Hass.“
Die Menschen, die vor Ort ankommen, müssten menschenwürdig aufgenommen werden, sowohl in Sachen Unterkunft als auch bei Bildung und Betreuung. Strauch weiter: „Gut, dass es in Erwitte einen überparteilichen Kreis von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe gibt, in dem auch mittlerweile 18 ehemalige Migranten mitarbeiten.“
So sei etwa ein Frauentreff, eine Fahrradwerkstatt oder eine Handarbeitsgruppe entstanden. Demnächst soll auch ein Männercafé eingeführt werden. Die Ehrenamtlichen würden zudem davon profitieren, dass sie mit Unterstützung der Stadt demnächst den ehemaligen Posthof für die Integrationsarbeit nutzen können.
Wohnraum
Unter anderem aufgrund der Flüchtlingsproblematik fordert auch die BG mehr Sozialwohnungen, beziehungsweise preiswerte Wohnungen in Erwitte. „Möglich wäre zum Beispiel eine interkommunale Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen oder Wohnungsbaugenossenschaften“, schlägt Karl Dietz vor.
Vom Baugebiet Ost sei die BG zwar nie ein großer Freund gewesen, akzeptiere nun aber den Ratsbeschluss und wünscht sich keine Blockadehaltung. „Familien, die dort bauen, machen anderen Wohnraum frei und das ist angesichts der wirklich angespannten Wohnungssituation in Erwitte gut“, begrüßt Elisabeth Stakemeier.
Verkehr
Das Konzept der Fahrradstraßen, das aktuell in der Innenstadt erprobt wird, soll auf die Ortschaften ausgeweitet werden, forderte Dietz. „Außerdem brauchen wir einen Radweg von Stirpe nach Völlinghausen. Den haben wir vor vier Jahren beschlossen und das Ding ist immer noch nicht da.“ Verwundert zeigt sich die BG darüber, dass in Sachen Umgehungsstraße so wenig neue Informationen durchsickern. „Da muss vonseiten der DEGES langsam ein bisschen mehr Dynamik rein“, betont Lothar Strauch.
Kita/Wemberweg
Eine neue Kita gehört dorthin, wo die Leute hinziehen – also in das neue Baugebiet, ist die Fraktion überzeugt. Gegen den Wemberweg spreche vor allem die Querung der Bundesstraße. Einen zweiten Drogeriemarkt brauche Erwitte auf keinen Fall.
Sekundarschule
Eine Realschule mit Hauptschulzweig, wofür sich die Erwitter FDP ausgesprochen hatte, sieht die BG nicht als zielführend an. Die Sekundarschule als Schulform könnte dasselbe leisten, erklärte Lothar Strauch: „Eine gute Schule hängt nicht vom Namen ab, sondern von einer guten Leitung und guten Lehrern.“ Elisabeth Stakemeier unterstreicht: „Weder eine Namensänderung noch eine andere Schulform würden die Situation wesentlich verbessern.“ Stattdessen müsse man ein Umfeld schaffen, in dem die Schule in Ruhe arbeiten könne.
Marktplatz
Nach Abriss des Hauses Kruse (Behrens) ergeben sich nach Ansicht von Karl Dietz ganz neue Möglichkeiten für den Markt, die diskutiert werden können: „Ich habe mit vielen Erwittern gesprochen, die sich auch vorstellen können, da nicht neu zu bauen. So könnten wir ein Fenster vom Spring zum Markt öffnen.“ In dem Zuge solle dann auch der Brunnen vor dem alten Rathaus als zusätzliches Wasserelement wieder zum Leben erweckt werden. Außerdem peilt die BG an: Der Marktplatz soll kein Parkplatz sein. An dieser Marschroute habe sich die BG auch schon vor der letzten Wahl orientiert.